Busfahren ist politisch

Das der Verkehr in Israel und Palästina politisch ist, ist mir in meinen Trampgesprächen klar geworden.

Allerdings sind die unterschiedlichen Menschen, die man beim Trampen trifft, noch etwas, dass einem überall auf der Welt passiert. In der Westbank dagegen ist jede Fortbewegung zutiefst politisch. Die Infrastruktur ist Teil der fortschreitenden Kolonisierung „Judäa und Samarias“. Straßenblockaden, Checkpoints und getrennte Straßen sind die Methoden mit denen Israel als Besatzungsmacht das Westjordanland zerstückelt. Straßen werden schrittweise immer mehr für grüne (palästinensische) Nummernschilder gesperrt. USA und die EU „helfen“ den Palästinensern, indem sie dann eine neue Straße für sie bauen – die natürlich Riesenumwege fährt und von schlechterer Qualität als die Siedlerstraße ist.

So werden Familien von einander getrennt und Menschen das Leben so schwer gemacht, dass sie lieber auswandern, als unter Besatzung weiter durchzuhalten.

Doch nicht nur die Straßen sind politisch, auch die Fahrzeuge und ihre Insassen sind politisch. Grüne und gelbe Nummernschilder bedeuten eine längere bzw. kürzere Fahrt, da man mit den israelischen gelben Schildern kaum an Checkpoints kontrolliert wird, und die direkten Siedlerstraßen benutzen kann.

Das „öffentliche“ Verkehrssystem ist ebenfalls Teil der Kolonisierungspolitik.

Die gelben Sammeltaxis und grünen Busse mit grünen Schildern fahren zwischen den palästinensischen Städten und haben moderate Preise. Zwischen den Siedlungen und Israel fahren ebenfalls Busse, die meist nur halbvoll sind und dennoch erstaunlich billiger sind, als ihre palästinensischen Äquivalente, oder auch gleichlange Strecken innerhalb Israels. Dies liegt daran, dass der israelische Staat sie subventioniert.

Diese Siedlerbusse geben einem das Gefühl, man fahre innerhalb Israels umher. Hier nennen wir so etwas „normalisieren“. Sie normalisieren die Besatzung. Muss ich noch erwähnen, dass es für Palästinenser nicht legal ist, die Busse zu benutzen?

(Es ist ihnen zwar nicht verboten, den Bus zu benutzen, sehr wohl aber Siedlungen ohne Erlaubnis zu betreten, durch die die Busse fahren)

Heute nachmittag haben sieben PalästinenserInnen und mehrere Internationale im Stil der amerikanischen Freedom Rides versucht die Busse zu benutzen, um diese Trennung offensichtlich zu machen. Sie wurden alle verhaftet.

Die Reaktion der deutschen Nachrichten?

Nichts. Süddeutsche, Zeit, sogar die Taz hat noch nicht mal eine kleine Meldung übrig für die palästinensischen Freedom Rides. Auch die achso liberale Haaretz hat nichts zu den Freedom Rides zu sagen. Avaaz hat eine Petition, zur Zeit haben über 60 Tausend Menschen unterschrieben..

Wenn ich das nächste Mal jemanden nach dem palästinensischen Gandhi fragen höre, werde ich sagen, dass es schon hunderte gab, es hat nur niemand über sie berichtet.

Nachtrag: Christian Peacemaker Teams Palästina hat eine Reflektion über die Freedom Rides veröffentlicht.

 

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