Die israelische Besatzung ist der Leim, der die palästinensische Gesellschaft (ebenso die israelische) zusammenhält. Innerpalästinensische Probleme werden so gut wie nicht thematisiert, selbst wenn sie sehr dringend sind.
Eines dieser Probleme ist die gewaltige Umweltverschmutzung: Es gibt zumindest hier auf dem Land (Area C) keine Müllabfuhr und noch nicht mal offizielle Müllhalden. Eine der inoffiziellen ist direkt vor unserem Gelände, wo die Leute aus Nahalin ihren Müll abladen und auch regelmäßig verbrennen. Dann stinkt alles so sehr, dass ich kaum atmen kann. Vor meiner Zeit ist einmal das Feuer übergesprungen und hat einen unserer Weinstöcke angesteckt. Fast der komplette Müll ist Plastik. Plastiktüten und Plastikflaschen, aber auch Reste von Plastikeimern, -stühlen und -schalen finden sich. Man bekommt hier bei jedem Einkauf für jeden einzelnen Artikel eine Plastiktüte, aufgrund der Trinkwasserproblematik kaufen viele Leute Wasser in Plastikflaschen.
Natürlich gibt es auch kein Pfandsystem, und niemand scheint sich darum zu kümmern, dass die Erde, die dem größten Teil der Menschheit heilig ist, nicht nur von Siedlungen, sondern auch von unglaublich viel Müll verschandelt wird, der sich so langsam abbaut, dass in ein paar Generationen die Menschen wahrscheinlich denken werden, er sei Teil der Natur.
Oft habe ich das Gefühl von diesen Dingen erdrückt zu werden, wie damals in Paraguay. Diesmal habe ich aber beschlossen, etwas gegen diese Frustration zu tun.
Inspiriert von einem Artikel den ich gelesen habe, sammle ich jetzt Plastikflaschen von der Müllhalde vor unserem Grundstück – und überall sonst wo ich bin und werde daraus ein Gewächshaus bauen. Im Moment habe ich ca. 400 Flaschen. Nach der Anleitung, die ich gefunden habe werde ich für ein kleines Gewächshaus etwa 2000 brauchen.
Wenn dieses Experiment klappt, kann es als Beispiel dienen und es werden vielleicht weitere Konstruktionen aus Müll folgen.
Mehr zur ökologischen Krise im Nahen Osten, besonders Palästina:
http://www.bustanqaraaqa.org/al3/web/page/display/id/5.html
http://www.bustanqaraaqa.org/al2/web/page/display/id/13.html#palestinian%20environment
Nachtrag: Ich bin bei weitem nicht der einzige, dem solche Dinge auffallen, Zelt der Völker und auch andere Projekte sind sehr damit beschäftigt, nachhaltige Wege zum Überleben finden, die Widerstand ermöglichen und die Umwelt schonen. Mehr dazu ein andermal.
Toll! Eine wunderbar konstruktive Art, mit Frust und Problem umzugehen. Ich wünsche Dir viele Flaschen und später viele Nachahmer.
Eine Frage drängt sich mir auf: Die Flaschen passen , so wie sie sind, nicht lückenlos aneinander. Kannst Du die kleinen Zwischenräume abdichten, oder sind die in dem dortigen Klima sogar erwünscht? Meine Mutter machte sich viel Mühe mit ihrem Gewächshaus, mit Öffnen und Schließen je nach Wetter und Tageszeit. Viel Glück! Gela Böhne
In der Anleitung, die ich benutze, wird dieses Problem nicht thematisiert, ich denke, das es eine Effizienzsteigerung sein wird, selbst ohne perfekte Isolierung. Vielleicht könnte man auch Lehm für die Lücken benutzen. Dazu mache ich mir im Moment noch wenig Gedanken, aber eine gute Rückfrage!
Vor 50 Jahren hatten wir fast dasselbe Müllproblem auf dem Weierhof. Im Westen des Schulgeländes der mennonitischen(!) Schule, gab es ein kleines von einer Ziegelmauer umschlossenes Quadrat, dort wurde 2 x die Woche von der Schule Müll verbrannt. Damals noch nicht soviel Plastik, aber auch Knochen etc. Es hat erbärmlich gestunken und der Wind kam immer aus Westen. Im Norden gab es noch eine viel größere kommunale Müllkippe, die auch ab und zu brannte. Nur selten kam der Wind aus Norden, eben dann wenn kein Westwind war. Bennis Oma haben beide Windrichtungen fast zur Verzweiflung getrieben. Heute wäre beides undenkbar. Aber immer noch wird viel Müll „produziert“ in Deutschland, immer noch wird ein Großteil verbrannt, wenn auch mit weniger Geruchsbelästigung in Hochtemperaturöfen.
Hallo Benni,
ich finde es super, dass Ihr kreative Wege zum Umgang mit den Plastikflaschen sucht. Hier ein Hinweis auf ein Projekt auf der Insel Ometepe im Nicaragua-See: http://vimeo.com/13200149
Ab Minute 28 wird beschrieben, wie leere Plastikflaschen bei der Produktion von Zementblöcken eingesetzt werden, um Material zu sparen.
Falls das Thema für Dich interessant ist, stelle ich den Kontakt zu dem technisch Verantwortlichen dort her.
Ulli
Wow! Tolle Idee mit dem Müllproblem so umzugehen. Bin hier in Paraguay auch jeden Tag damit konfrontiert. Immer wieder hab ich die Idee mit anderen Freiwilligen den Fluß an dem ich so oft vorbei laufe zu säubern (auch wenn dies nicht lange halten wird). Mal sehen, ob ich dies noch umsetze.
Mein Boykott, so viele Plastiktüten, wie mir angeboten werden, zu benutzen, dauert immer noch an! Habe überlegt die mennonitsche Firmen anzuschreiben und sie zu ermutigen, Stofftaschen anzubieten und eine Gebür für Plastiktüten zu erheben… Als Vorreiter!
Wünsch dir weiter viel Kreativität!
Micky
P.S.: Interessant, dass dein Müllartikel auch einer der Artikel ist, der am meisten Kommentare bekommt. War bei meinem Blog genau so. Scheint ein prisantes Thema zu sein.
Na, die Deutschen sind müllaffin und haben schon in den 70ern über dessen Vermeidung nachgedacht. Grad ist mir Ulrich Rosski dazu eingefallen
„… So greif‘ ich ins Flaschenmeer
Und lebe vom Pfand in den Mund
Es wird auf dem Müll
Manchmal unheimlich still
Doch schwillt auch der Berg in bedrohlichem Maß …“
nachzulesen unter http://lyrics.wikia.com/Ulrich_Roski:Sch%C3%B6ner_Wohnen
nachzuhören: http://www.google.de/search?q=roski+ulrich+der+M%C3%BCll&ie=utf-8&oe=utf-8&aq=t&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a