Godwins Gesetz in Israel und Palästina

„Mit zunehmender Länge einer Online-Diskussion nähert sich die Wahrscheinlichkeit für einen Vergleich mit Hitler oder den Nazis dem Wert Eins an.“

– Mike Godwin

Der obenstehende Satz ist die Definition von Godwins Gesetz, einem empirischen Gesetz der Internetkultur. Während es im Internet meist eine Weile dauert, bis ein Nazivergleich aufkommt, scheint diese Dauer hier in Israel und Palästina um einiges verkürzt zu sein.

Jetzt sind es gerade die Ultraorthodoxen, die behaupten, in Israel wie im Ghetto leben zu müssen..

Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass fast alle, denen ich begegne, sehr schnell meinen, sagen zu müssen, dies oder jenes, sei „wie die Nazis“, „wie der Holocaust“, „wie Hitler“. Diese Aussagen kommen von Internationalen, die über die Not der Palästinenser sprechen, von Israelis, die über das Verhalten „der Araber“ ihnen gegenüber sprechen, und von Palästinensern, die ihrer Not Ausdruck verleihen wollen.

Diese schnellere Anwendung von Godwins Gesetz liegt an meiner Meinung nach an mehreren Faktoren:

  1. mangelndes Geschichtswissen: Das Wissen über die Shoa, deren Ausmaß, Ursachen und Folgen sind unter Palästinensern leider nicht ausgeprägt genug, auch unter Internationalen herrscht leider auch oft mangelndes Detailwissen, bei Israelis ist die Rezeption der Shoa stark ideologisch verfärbt (Shoa als Rechtfertigung des Zionismus).
    Auch fehlt oft das Wissen über andere passendere Vergleiche (Südafrika), bzw. die Einordnung der israelischen Besatzung und Kolonisierung in den größeren Kontext von Kolonisierung und Ausbeutung
  2. Normalisierung des Vergleichs: Die Shoa ist in Israel immer Teil des Diskurses und so werden Nazivergleiche sehr häufig verwendet. Dies bewirkt, dass der Vergleich kein extremes Mittel, sondern alltäglich wird (ähnliches gilt für Antisemitismusvorwürfe). Die Palästinenser auf der anderen Seite nehmen dies wahr und benutzen den Vergleich in der Hoffnung Aufmerksamkeit für ihr Leiden zu erhalten.
  3. Meine Nationalität: Nach Gesprächen mit anderen Internationalen, Deutschen und Nicht-deutschen habe ich festgestellt, dass gegenüber Deutschen öfter Situationen und Personen öfter mit dem sogenannten „3. Reich“ verglichen werden. Ich vermute, dass die vergleichende Person eine starke Reaktion bei Deutschen vermutet und meist auch erhält. Manche meiner deutschen Bekannten haben deswegen angefangen, ihre Nationalität zu leugnen und sich beispielsweise als Schweden auszugeben.

Diese Liste an Faktoren lässt bewusst die Frage außen vor, ob der Vergleich legitim ist. Eine Antwort darauf würde sehr lang ausfallen und ich würde allen, die es interessiert raten, hierher zu kommen und sich selbst ein Bild zu machen. Ich selbst habe in manchen Gesprächen Nazivergleiche gemacht und habe gleichzeitig andere dafür kritisiert.

Vielleicht ein andermal mehr dazu. Heute will ich nur allen hier in der Gegend einen Godwinpunkt verleihen.

Gratulation!

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