Seit ich mein Theologiestudium begann beschäftige ich mich immer wieder mit der Frage „Wozu braucht man eigentlichen einen Pastor? Und wozu nicht? Dabei stoße ich immer wieder auf den in den USA sehr verbreiteten hierzulande aber kaum bekannten Community Organizing Ansatz, in dem es weniger darum geht, Leute zu leiten im Sinne von Ton angeben, sondern mehr darum sie zu aktivieren und Menschen mit ähnlichen Interessen zusammenzubringen. Im ersten Teil ging es ums „gefragt werden“ und um Anerkennung, der zweite Teil war eine Einführung in Community Organizing, der dritte Teil ging konkreter um eine Methode des Zuhören-Recherchieren-Handelns. In diesem voerst letzten Teil stelle ich einige Thesen auf, wie Gemeindearbeit als Organizing aussehen könnte:
- Ein Community-Organizing-Pastor, würde es zur obersten Priorität machen, im Laufe der Zeit seine ganze Gemeinde durch Besuche und Gespräche kennenzulernen.
- Dies könnte in allen möglichen Kontexten geschehen, sollte aber nicht einfach nur als Erweiterung der Seelsorge verstanden werden.
- Vielmehr ginge es darum, herauszufinden, wo es Konvergenzen in den Eigeninteressen, Bedürfnissen und Sehnsüchten der Gemeindeglieder gibt, welche ungenutzten Begabungen und Kenntnisse in den Menschen stecken und eine Beziehung gegenseitigen Respektes zu etablieren und zu vertiefen.
- Die Menschen, mit denen er schon in Kontakt war würde er zusammenzubringen, damit sie entscheiden, welche Schritte zu tun sind, um diese nun gemeinsamen Interessen umzusetzen.
- Er müsste der Versuchung widerstehen, selbst das Ziel vorzugeben oder zu viele Aufgaben zu übernehmen – selbst wenn es ihm von der Gemeinde angetragen wird
- Die Aufgabe des Pastors wäre, dadurch zu leiten, dass er sich weigert zu leiten.
- Stattdessen würde er auf die Gaben der Beteiligten achten und sie ermutigen, diese einzusetzen.
- Statt in jeder Arbeitsgruppe selbst zu sitzen würde er regelmäßige Plena einberufen, in denen sich die Interessierten austauschen können, woran sie arbeiten und was sie bisher erreicht haben.
- Er würde sich selbst weiterbilden und die erworbenen Kenntnisse in Schulungen an die Beteiligten weitergeben.
- Er würde auch über die Gemeindegrenzen hinaus solche Gespräche führen und andere ermutigen es auch zu tun.
- Es bräuchte weiterhin einen Leitungskreis.
- Die Zusammensetzung des Leitungskreises sollte die Zusammensetzung der Gemeinde widerspiegeln, demographisch und von den Interessen her.
- Statt einer festen Anzahl an Sitzen sollte jede Gruppe einen Delegierten oder eine Delegierte entsenden.
- Die Autonomie der Gruppen sollte möglichst groß sein und statt Kontrolle auf regelmäßigen Austausch gesetzt werden.
- Durch die verstärkte Mitarbeit entlastet könnte der Pastor sich darauf konzentrieren, Beziehungen zu vertiefen.
- Dabei wäre seine Aufgabe wahrzunehmen, was die Gemeinde beschäftigt. Diese Wahrnehmung könnte in die wenigen Predigten fließen, die er noch selbst hält, da auch andere Gemeindeglieder predigen. Dies wäre wahre geistliche Leitung.
- Besonders viel Zeit würde er in Beziehungen zu Menschen am Rand der Gemeinde investieren.
- Die Autorität des Pastors würde durch einen solchen Ansatz eher wachsen als geschwächt werden, da die Gemeindeglieder eine Respektsbeziehung zu ihm haben in der auch Konflikte angesprochen werden können.