undankbare Sehnsucht

Noch genau ein Monat. Dann werde ich meine Schule in Paraguay verlassen; vier Tage später wird meine Schwester in Asunción ankommen und wir werden zusammen drei Wochen lang rumreisen und schließlich am Jugendgipfel und anschließend zur mennonitschen Weltkonferenz gehen… Eine Woche später fliege ich zurück nach Deutschland.

Ich zähle schon die Tage…

Aber eigentlich nicht bis zu meinem Flug, sondern bis zum 19.Juni. Der Tag, an dem ich endlich nicht mehr zur Schule gehen muss und kurz danach ein neues, wahrscheinlich sehr volles Kapitel in dieser Abenteuergeschichte aufgeschlagen wird, die seit längerem eher dahindümpelt.

Irgendwie schaffe ich es einfach nicht, der Schule etwas Positives abzugewinnen, außer, dass ich durch die spanischsprachige Umgebung mein Spanisch sehr verbessert habe und ich mich jetzt sogar wieder auf die deutsche Schule freue. – Gut, dass waren jetzt schon zwei starke Argumente, aber die bringen mir ziemlich wenig, wenn ich im „Unterricht“ sitze und mich zu Tode langweile, weil der Lehrer gar nicht da ist, oder in einer Ecke sitzt und uns weder Aufgaben gibt, noch irgendetwas erklärt und wenn ich dann in der Pause merke, dass ich keinen einzigen Freund in meiner Klasse habe und ich mit den beiden, mit denen ich mich noch am Besten verstehe, keine Gespräche führen kann, weil sie jedes Mal wenn ich irgendeine Frage stelle diese beantworten und es dann irgendwie nicht weiter geht.

Dazu kommt noch meine Erkenntnis, dass ich unfähig bin den guten Ratschlag einiger Leute umzusetzen, zu versuchen zu verstehen warum die Paraquayer (wenn ich diese Verallgemeinerung jetzt mal so benutzen darf) so sind, anstatt es zu beurteilen.

Letztens, als ich mal wieder solchen Gedanken nachhing kam mir die Idee, dass ich eigentlich ziemlich undankbar bin! Immerhin bringen meine Eltern große Opfer, damit ich hier sein kann und alles was ich mache ist mir zu wünschen, dass ich die Schule verlassen und ich wieder mehr mit Leuten, die ich kenne (z.B. meine Schwester, Wiensens) zu tun habe, auch wenn ich mir nicht unbedingt wünsche jetzt sofort wieder nach Deutschland zu kommen – weil ich ja noch ein wenig Tourismus betreiben will. Deswegen habe ich den Artikel auch nicht „undankbares Heimweh“ genannt..

Ich bin aber doch hierher gekommen, um die Sprache und Kultur kennen zu lernen… Und jetzt stelle ich fest, dass ich die Sprache immer noch nicht so gut beherrsche, wie ich gerne wollte und die Kultur, der ich in der Schule begegne, nicht aushalte…

Leider bringt mir diese Erleuchtung so rein gar nichts außer Wut und Enttäuschung über mich selbst, weil mein Gehirn anscheinend doch nicht die Kraft hat meine Gefühle mit Argumenten zu besiegen…

Ein Kommentar

  1. Als einer von denen, die „große Opfer“ bringen, dass du da sein kannst, melde ich mal wieder zu Wort. Ich kann deinen Schulfrust nachvollziehen, nach allem was du schreibst, würde mich das auch frusten. Aber die Schule ist wohl doch nicht identisch mit der paraguayischen Kultur!? Gibt es DIE paraguayische Kultur? Welche Subkulturen gibt es denn? Die Mennoniten – deren verschiedene Subkulturen. Die eingeborenen Völker. Die verschiedenen Einwandererkulturen – z.B. die Japaner. Wie wärs mit ein paar Exkursionen zu diesen Kulturen? Wenn das machbar ist.

    Oder braucht die Schule Reformen? Was würdest du ändern, wenn du könntest? Gibt es auch Positives, was bewahrt werden sollte? Vielleicht kannst du als Schulreformer in die Geschichte eingehen. Schreib mal ein Konzept für Bewahren und Verändern.

    Und schöne Grüße von einigen Schauspielerinnen gestern abend beim Schultheater „Warten auf …“

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