Orientierungsprobleme

Heute war ich in Jerusalem auf der Suche nach Wanderkarten für Israel und Palästina. Bei der Society for the Protection of Nature in Israel (SPNI) wurde ich fündig. Karten für verschiedene Gebiete (Negev, Wüste von Juda, Jerichogegend, etc.) im Maßstab 1:50.000 mit allen Straßen, Wanderwegen und Trampelpfaden.

Auf hebräisch. Eine englische Übersetzung gab es nicht (eine arabische auch nicht).

Ich entscheide mich, vorerst keine Karte zu kaufen, da ich mich noch mit den anderen Freiwilligen absprechen will. Meine Freundin L., die lange Zeit mit CPT in der Nähe von Hebron gearbeitet hat, schaut gerade die Wanderkarte von diesem Gebiet an; das Dorf in dem sie lebte, ist eingezeichnet, aber als „verlassen“ markiert. Sie lässt sich nichts anmerken und spielt die Dumme:

Hier gibt es einen Wanderweg von Ma’on (die Siedlung neben At Tuwani) nach Ber Sheva. Ist das sicher dort zu laufen? Verkäuferin: Mmh, Sie sollten bei unserem Notfallzentrum nachfragen, aber vielleicht im Moment nicht, weil es dort Raketen aus Gaza geben könnte. Aus Gaza? Aber das ist doch hier fast beim Toten Meer. So weit kommen die Raketen doch nicht, oder? Doch, doch. Da sollten sie acht haben. Aber sie können dort eigentlich schon wandern, nur wegen der Raketen sollten sie acht haben.

Anmerkung: Die Luftlinie Gaza-Hebron ist zirka 70 km, Qassam-Raketen haben laut Wikipedia eine Reichweite von max. 10km. Selbst die übertriebensten Schätzungen gehen von einer max. Reichweite von 40 km aus.

Die Siedler von Ma’on und vor allem vom Außenposten Havat Ma’on haben schon mehrmals palästinensische Kinder und auch internationale Aktivisten verprügelt. Sie sind bewaffnet und Fremden nicht sehr aufgeschlossen, auch wenn es keine Berichte über Gewalt gegen Touristen gibt.

 

L. gibt auf und schaut sich die Karte der Gegend um Jericho an. Letztes Wochenende waren wir dort im Wadi Qelt wandern. Eine wunderschöne Schlucht mit Oasen und einem alten griechisch-orthodoxen Kloster, in dem ich von dem Mönch Konstantin eine Eremitenzelle angeboten bekommen habe.

Oh, das Wadi Qelt. Im Reiseführer stand, das wäre eine wunderschöne Route. Denken Sie nicht mal dran! Da werden sie Probleme bekommen! Was für Probleme? Ärger werden Sie kriegen! Ja, aber was für Ärger? Das ist gefährlich! Was ist denn das gefährliche? Wissen Sie, die Palästinenser haben Probleme mit uns.. Gehen Sie zu unserem Notfallzentrum! Ich zeig es Ihnen. Wollen Sie die Karte vorher noch kaufen? Ich kauf doch keine Karte, wenn ich nicht weiß, ob ich sie überhaupt benutzen kann wegen der Sicherheitsprobleme.

Im Notfallzentrum haben sie ein wenig mehr Ahnung, wir dürfen ins Wadi Qelt, obwohl sie uns auch geraten haben von Jerusalem einen Bus zur Siedlung Anatot zu nehmen, einer Siedlung, wo letztens die Siedler linke israelische Demonstranten verprügelt haben. (Was wohl Jeremia dazu gesagt hätte?)

Meine Wandertouren in Palästina und Israel werden bis auf weiteres wohl ohne detaillierte Karten verzichten und mit meiner Straßenkarte von „Judäa und Samaria“ zurecht kommen müssen, auf der steht, ich solle immer im Auto mit einem Ersatzauto reisen und eine Schusswaffe dabei haben.

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