Bananen als analytisches Instrument der Volkswirtschaft

Ich gehe in einen der drei Supermärkte in meinem Dorf. Regale voller Lebensmittel formen den Markt zu einem Konsumlabyrinth, aus dem ich nur dann den Ausweg finde, wenn ich mehr, als ich wollte eingekauft habe. In der Obst- und Gemüseabteilung sehe ich Berge von Tomaten, Salaten, Gurken. Alle perfekt normiert, gerade Gurken, runde Tomaten, alles ohne Druckstellen und jeden Makel. Aus Afrika, Asien und auch aus Südamerika kann ich Bananen kaufen, kann wählen, ob ich mit dem „Bio“-Siegel versehenes Obst kaufen will, oder das „Normale“. Das ist Freiheit im Supermarkt, wählen zu können, zwischen all diesen gleichaussehenden Bananen – von allem sind Berge vorhanden.

Während ich sie mir ansehe, einige in die Hand nehme um zu fühlen, wie reif sie sind, fällt mir auf, dass einige bräunlich werden haben. Ich sage es dem Verkäufer (in der Hoffnung einen Rabatt zu bekommen), er schmeißt sie weg. Man will ja nicht, dass es heißt, in dem Laden werde schlechte Ware verkauft.

 

Nachts bin ich wieder bei dem Supermarkt. Die Lichter sind schon lange ausgegangen, weshalb ich eine Taschenlampe mitgenommen habe. Ein Freund ist auch dabei, zusammen wollen wir herausfinden, was aus der Banane geworden ist.

In einer braunen Tonne finden wir sie wieder, zusammen mit all den anderen, die aus irgendwelchen Gründen aussortiert wurden:

Haufenweise Tomaten, die leichte Druckstellen haben

Säcke mit Orangen, von denen eine einzige angefangen hat zu schimmeln, Salatköpfe, bei denen einzelne Blätter bräunlich sind, Gurken, Rettiche, und vor allem: Bananen.

Bananen, für die Regenwäler gerodet wurden, die in riesigen Monokulturplantagen gewachsen sind auf denen Pestizide gesprüht wurden, die auch Menschen vergiften. Bananen, die grün geerntet wurden, damit sie auf dem Transportweg nachreifen und dieses Gelb annehmen, das wir als „reif“ wahrnehmen.

Bananen, die endlich reif sind und braune Flecken entwickeln.

Vielleicht sind Bananen ein verkanntes analytisches Mittel um Widersprüche im wirtschaftlichen System aufzuzeigen:

Bildeten sich in der Planwirtschaft der DDR endlose Schlangen vor den Läden, wenn es denn endlich mal Bananen gab, so landen sie im real existierenden Konsumkapitalismus ohne großes Zucken in den Müll, um Platz für vermeintliche frischere zu machen.

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