metalinguistische Reflexionen – übersprachliche Betrachtungen

Eine Sache, die mich an der Schule besonders aufregt, ist, sind Definitionen und der ständige Gebrauch von einsprachigen Wörterbüchern. Den größten Teil des tatsächlichen Unterrichts schreiben wir einfachste Erklärungen von Begriffen ab und  bei jedem Text benutzen meine Klassenkameraden Wörterbücher, um die komplizierteren Begriffe zu verstehen. Das hört sich jetzt sehr arrogant an: Ben regt es auf, dass andere nicht alles sofort verstehen. Aber so meine ich das gar nicht.

Meine Kritik bezieht sich auf zwei Punkte. Erstens finde ich die Schule müsste Kindern beibringen einen Text zu verstehen, auch wenn man nicht alle Wörter kennt und diese aus dem Zusammenhang erschließen. Zweitens hatte ich an die Abschlussklasse irgendwie höhere Erwartungen.

Als ich weiter über das Problem nachdachte stellte ich eine weitere Schwierigkeit fest:

Spanisch ist eine romanische Sprache und daher sehr vom Latein geprägt. Als Lateinschüler merke ich dies und es hilft mir enorm beim Verstehen von Texten; dazu kommt noch, dass die Fachbegriffe diesselben wie im Deutschen sind, nur mit spanischen Endungen. Sie kommen aus Latein, Griechisch (und Hebräisch), den klassischen Sprachen des Abendlandes.

Die Alltagssprache jedoch ist weniger romanisch und hat viele iberische Wörter, hier in Paraguay auch noch Guaranieinflüsse.

Außerdem hat ihnen niemand gezeigt Wortteile, die eine immer gleichbleibende Bedeutung haben zu erkennen und sich daraus den Sinn eines Wortes zu erschließen.

Der wichtigste Punkt allerdings ist, dass es im Deutschen zu fast jedem (klassischen) Fremdwort ein „deutsches“ Synomyn gibt, das an sich den Begriff schon erklärt. So zum Beispiel Präsenz-Gegenwart, realisieren-verwirklichen, Ministerium-Dienst, Moment-Augenblick (in Ordnung, da hat sich die Bedeutung leider ein wenig verändert), Quantität-Menge, Qualität-Güte, die Liste kann man ewig weiterführen.

Dieses umfangreiche Vokabular-Wortschatz an Synomymen-Zwillingswörtern haben wir den Sprachgesellschaften zu verdanken, die während der Aufklärung überall gegründet wurden, zu verdanken. Diese machten es sich zur Aufgabe, die teutsche (wie man es damals noch nannte) Sprache vor allem von lateinischen, griechischen und französischen Begriffen zu reinigen, wobei sie es manchmal ein wenig übertrieben, beziehungsweise keine guten neuen Wörter fanden: Tageleuchter für Fenster, Jungfernzwinger für Nonnenkloster, Zitterweh für Fieber, Löschhorn für Nase, Meuchelpuffer für Pistole. Meistens übersetzten sie das Wort aber einfach nur ins Deutsche

Manchmal haben die Fremdwörter aber auch eine andere Konnotation-Beiklang, wie zum Beispiel in Kollaborateur und Mitarbeiter

So viel zur Vergangenheit. Heutzutage haben wir dank Internet(-Zwischennetz?), Rock-(Fels?) und Rap- (Vergewaltigung??!!)Musik viele Anglizismen wie cool, und Homepage, die wir alle benutzen.

Ist auch nicht schlimm, bloß was wird aus unserer Muttersprache?

Dazu kommt noch eine viel bedenklichere Sache: Große Zeitungen, wie die ZEIT und Süddeutsche nennen in ihrer Netzausgabe die Übersetzung des Begriffes Homepage in Heimatseite beim Netzauftritt der NPD „krampfhaft“ (ich finde den Artikel leider nicht mehr – habe also keinen Beleg dafür, kann mich aber genau dran erinnern). Bin ich jetzt ein Nazi, weil ich die deutsche Sprache erhalten will?!

Nein, bin ich nicht. Erstens lege ich Wert auf deutsche Sprache, nicht auf Nationalstaat, oder Ariertum, was weder die aktuellen Skinheads – dann müssten sie sich nämlich Hautköpfe nennen -, noch ihr großes Vorbild Adolf tun. Dieser wurde nämlich vom Allgemeinen Deutschen Sprachverein (ansonsten leider große Verehrer des Deutschtums) wegen seinem exzessiven-ausschweifenden Gebrauch von Fremdwörtern kritisiert-gerügt, worauf dieser sie durch einen Erlass quasi-sozusagen verbot.

Also was haben wir gelernt? Fremdwörter sind gut, wenn man will, dass einen niemand versteht, aber manchmal sollte man auch verständliche Wörter benutzen, damit wir unsere Zeit nicht mit Definitionen abschreiben verschwenden.

2 Kommentare

  1. Wunderbare Betrachtung. Bin was das Deutsche betrifft voll dabei. Die Sprachgesellschaften – sie haben das Lob verdient! Endlich! Aber sind die lateinischen Fremdwörter im Spanischen denn Fremdwörter. Wer oder was ist überhaupt fremd?

  2. die lateinischen Fremdwörter sind den Paraguayern zumindest fremder als mir… Wie ich versucht habe im Artikel darzulegen, verschwenden wir einen großen Teil der tatsächlichen Unterrichtszeit damit Definitionen von (lateinisch/griechischen) Begriffen abzuschreiben, also sind es, ogleich zwar sprachwissenschaftlich vielleicht nicht, praktisch sehr wohl Fremdwörter…
    Zu den Sprachgesellschaften: Vielleicht wirst du dein Lob ein wenig zurücknehmen müssen, da die Sprachgesellschaften auch leidenschaftlich gegen die Mundart kämpften, die du ja wie in deinem anderen Kommentar zu merken so gerne benutzt.

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