Von Zäunen und Blumen

Eine der ersten großen Aufgaben, die wir inzwischen erledigt haben, war das Freiwilligengelände mit unserer Freiluftküche, den Komposttoiletten und den Zelten mit einem 250 Meter langen und 1,75 cm hohen Zaun zu umgeben.

Da waren wir also: junge Deutsche, die mit dem Wunsch zur Versöhnung und zum Frieden zwischen Palästinensern und Israelis beizutragen hierher gekommen waren, in ein Projekt dessen Untertitel lautet „People building Bridges“ – und das erste, was wir taten war einen Zaun zu bauen. Das Symbol dieses Zauns war für mich so mächtig, dass es mir wenig half, daran zu denken, dass wir den Zaun ja wegen (unserer) der wilden Hunde bauten, und nicht um Israelis rauszuhalten. Der Zaun sollte Sicherheit für die Übernachtungsgäste bringen, aber nennen nicht auch die Israelis ihre Apartheidsmauer, die Familien voneinander trennt und innerhalb der Westbank gebaut wird, einen „Sicherheitszaun“.

Zäune waren für uns westliche Freiwillige aus sicheren Nachbarschaften einfach zu beladen mit Bildern von Abtrennung, Angst und Unterdrückung. Gerade im Kontext von Palästina – die Siedlungen haben ja auch einen Zaun um sie herum.

Bald machte unter uns der Slogan „People building Fences“ die Runde, und ich begann von unserem Essensbereich als einer gegen den Strom von Touristen abgegrenzten „gated community“ zu sprechen.

Aus dieser Ironie sprach zumindest für mich auch mehr als nur ein Fünkchen Wahrheit. Ich war tatsächlich frustriert, das wir dieses Symbol für Abgrenzung aufrichten mussten, wo es doch auch einiges an anderer sinnvoller Arbeit gegeben hätte.

Ich habe versucht diesen Frust zu verwandeln und habe aus Stacheldraht eine Blume gebastelt, die ich am Eingang zu den Zelten in den Draht gesteckt habe.

Auch wenn die Zaungeschichte mich frustriert hat glaube ich, dass wir hier am Reich des Friedens arbeiten, in dem Zäune aus Blumen bestehen werden.

Nachtrag: Am Freitag kam Daoud von seiner Vortragsreise zurück und sah alles, was wir in seiner Abwesenheit geschafft hatten, unter anderem den Zaun. Er freute sich, dass er fertig war, runzelte kurz die Stirn und sagte dann: „Wir werden hier Blumen pflanzen, wir brauchen zwar den Zaun, aber deswegen muss er uns nicht die Aussicht vermiesen.“

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